Grenzen für einen Arbeitsvertrag

Wichtig!

Die Vertragsfreiheit ist zu Ihrem Schutz eingeschränkt.

Begriff

 

Im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Deshalb können Arbeitgeber und Arbeitnehmer „alles“ vereinbaren, was nicht verboten ist. Das gilt sowohl für die Frage, ob und mit wem ein Arbeitsvertrag geschlossen wird als auch für seinen Inhalt.


Wichtig!

Widersprechen sich Betriebsvereinbarung, Tarifvertrag, das Gesetz und der Arbeitsvertrag, gilt die für Sie günstigste Regelung.

Einschränkungen

 

Diese weitgehende Gestaltungsfreiheit wird aber durch die Gesetze, etwaig auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Tarifverträge und durch die im Betrieb bestehenden Betriebsvereinbarungen eingeschränkt. Von den Vorgaben der einschlägigen Gesetze, den ggf. im Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträgen und von im Betrieb geschlossenen Betriebsvereinbarungen darf der Arbeitsvertrag grundsätzlich nur zugunsten des Arbeitnehmers abweichen.

 

Das „Kleingedruckte“

 

Unwirksam sind insbesondere in vom Arbeitgeber verwendeten Verträgen enthaltene Regelungen (Klauseln), die unklar sind oder die den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen. Solche Klauseln werden ähnlich behandelt wie das „Kleingedruckte“ in anderen Verträgen (bspw. in Miet-, Kauf- oder Darlehensverträgen).

Unser Tipp:

Diese Bundesgesetze finden Sie bei www.gesetze-im-internet.de

Zu den wichtigsten dem Schutz der Arbeitnehmer dienenden Gesetzen gehören folgende:

 

  • Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)
  • Altersteilzeitgesetz (AltersteilzeitG)
  • Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG)
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Arbeitszeitgesetz (ArbZG)
  • Berufsbildungsgesetz (BBiG)
  • Betriebsrentengesetz (BetrAVG)
  • Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG)
  • Bundeselterngeld- und Elternteilzeitgesetz (BEEG)
  • Bundesurlaubsgesetz (BUrlbG)
  • Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgeltFG)
  • Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
  • Mutterschutzgesetz (MuSchG)
  • Nachweisgesetz (NachwG)
  • Schwerbehindertengesetz (SchwbG)
  • Tarifvertragsgesetz (TVG)
  • Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG)


Wichtig!

Von Gesetzen darf nur zu Ihren Gunsten abgewichen werden.

Alle in den einschlägigen Gesetzen enthaltenen Regeln gelten für jedes Arbeitsverhältnis, sofern nicht ein darauf anwendbarer Tarifvertrag, eine einschlägige Betriebsvereinbarung oder der Arbeitsvertrag selbst eine für den Arbeitnehmer günstigeren Bestimmungen enthält. Der Inhalt von Arbeitsverträgen darf von den gesetzlichen Regeln nicht zu Ungunsten des Arbeitnehmers abweichen, sonst ist die betreffende Vertragsklausel unwirksam.

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Das regeln Tarifverträge

 

Tarifverträge regeln üblicherweise Mindeststandards bspw. bei

 

  • der Gehaltshöhe
  • Sonderzahlungen
  • dem 13. Monatsgehalt oder Weihnachtsgeld
  • dem Urlaub und dem Urlaubsgeld
  • den Arbeitszeiten
  • dem Kündigungsschutz für ältere Beschäftigte
  • den Kündigungsfristen

Wichtig!

Tarifverträge gelten nicht automatisch.

Ein Tarifvertrag gilt nur für die Mitglieder der Tarifvertragsparteien.

Tarifverträge gelten nicht automatisch

 

Existiert ein Tarifvertrag, so gilt er nicht (automatisch) für alle Arbeitsverhältnisse der betreffenden Branche. Automatisch gilt er nur, wenn er für allgemeinverbindlich erklärt worden ist. Sonst bindet ein Tarifvertrag die Arbeitsvertragsparteien ohne ausdrückliche Vereinbarung nur, wenn er einschlägig ist und wenn sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer tarifgebunden sind. Beide müssen also dem Arbeitgeberverband bzw. der Einzelgewerkschaft angehören, die den Tarifvertrag geschlossen haben. Ob der Arbeitgeber Mitglied des Arbeitgeberverbandes ist, weiß normalerweise der Betriebsrat. Er kennt auch die einschlägigen Tarifverträge.


Unser Tipp:

Die meisten Tarifverträge finden Sie im Internet.

Hinweis darauf im Arbeitsvertrag

 

Wenn ein Tarifvertrag anwendbar ist, soll das im Arbeitsvertrag angegeben werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, sämtliche in seinem Unternehmen geltenden Tarifverträge zur Einsicht bereitzuhalten. In der Regel können Sie sie im Personalbüro einsehen. Einsehen können Sie sie normalerweise auch beim Betriebsrat. Sie finden sie meist auch im Internet. Zugriff haben Sie darauf häufig auch in den von den Bundesländern für ihr Gebiet geführten Tarifregistern. Für NRW finden Sie diese Angaben auf der Webseite  „Tarifregister NRW“ des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales.


Unser Tipp:

Alle allgemeinverbindlichen Tarifverträge finden Sie im Internet.

Allgemeinverbindliche Tarifverträge

 

Sowohl im Personalbüro als auch beim Betriebsrat können Sie auch den oder die einschlägigen Tarifverträge einsehen, die allgemeinverbindlich sind und deshalb für alle Betriebe und Arbeitnehmer der betreffenden Branche gelten. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales oder die entsprechenden obersten Behörden der einzelnen Bundesländer haben diese Tarifverträge für die gesamte Branche für (allgemein)verbindlich erklärt. Ein solcher allgemeinverbindlicher Tarifvertrag gilt auch dann für Ihr Arbeitsverhältnis, wenn Sie nicht der Gewerkschaft angehören und/oder wenn Ihr Arbeitgeber nicht dem Arbeitgeberverband angehört. Ein Verzeichnis aller allgemeinverbindlichen Tarifverträge finden Sie auf der Webseite des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales. Von den etwa 70.000 Tarifverträgen in der Bundesrepublik sind bisher etwas mehr als 500 für allgemeinverbindlich erklärt worden. Eine ausführliche Darstellung auch dazu, wie Sie den ggf. für Ihr Arbeitsverhältnis einschlägigen Tarifvertrag ermitteln können, finden Sie im Internet bspw. auf der Webseite „Tarifregister NRW“.


Wichtig!

Von tarifvertraglichen Regelungen darf Ihr Arbeitsvertrag nur zu Ihren Gunsten abweichen.

Zwingend anzuwendende Tarifverträge müssen beachtet werden

 

Vom Inhalt eines für Ihr Arbeitsverhältnis kraft Tarifgebundenheit oder aufgrund seiner Allgemeinverbindlichkeit geltenden Tarifvertrags darf im Arbeitsvertrag nur zu Ihren Gunsten abgewichen werden. Dagegen sind alle Regelungen, die von diesem Tarifvertrag zu Ihrem Nachteil abweichen, unwirksam.


Wichtig!

Die Geltung eines Tarifvertrags wird oft im Arbeitsvertrag vereinbart.

Anders ist es, wenn die Anwendung des Tarifvertrags (nur) im Arbeitsvertrag vereinbart wird

 

Häufig vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer im Arbeitsvertrag die vollständige oder teilweise Anwendung eines bestimmten Tarifvertrags auf das Arbeitsverhältnis. Er sollte im Arbeitsvertrag genau bezeichnet werden. Eindeutig vereinbart werden muss auch, ob der Tarifvertrag in der bei der Unterzeichnung des Arbeitsvertrags geltenden Fassung oder in seiner jeweils aktuellen (gültigen) Fassung angewendet werden soll.

 

Beispiele:

„Soweit in diesem Arbeitsvertrag nichts anderes vereinbart ist, gelten die Tarifverträge für die Elektro- und Metallindustrie in … in ihrer jeweils gültigen Fassung“.

 

„Die Arbeitszeit richtet sich nach dem jeweils geltenden Manteltarifvertrag für … . Im Übrigen gelten keine tarifvertraglichen Regelungen.“


Wichtig!

Der Arbeitsvertrag hat dann aber Vorrang.

Solche Regelungen bewirken, dass die tariflichen Bestimmungen den Inhalt des Arbeitsvertrags lediglich ergänzen. Der Tarifvertrag hat dann keinen Vorrang vor dem Inhalt des Arbeitsvertrags. Deshalb darf der Arbeitsvertrag für den Arbeitnehmer schlechtere Regelungen als der Tarifvertrag enthalten. Anders als bei einer Tarifbindung beider Arbeitsvertragsparteien oder bei einem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag beschränkt der Tarifvertrag hier den Inhalt des Arbeitsvertrags also nicht.

Betriebsvereinbarungen werden zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat geschlossen

 

In vielen Betrieben bestehen zwischen dem Arbeitgeber und dem Betriebsrat geschlossene Betriebsvereinbarungen, bspw. über Sonderzahlungen wie dem Weihnachtsgeld oder einem 13. Monatsgehalt.


Wichtig!

Betriebsvereinbarungen betreffen Punkte, die nicht in Tarifverträgen geregelt werden können.

Dürfen nicht alles regeln

 

Betriebsvereinbarungen dürfen nur zu Fragen geschlossen werden, die nicht in Tarifverträgen geregelt werden. Betriebsvereinbarungen gelten verbindlich und automatisch für alle Arbeitnehmer des jeweiligen Betriebs, auch wenn darauf im Arbeitsvertrag nicht ausdrücklich hingewiesen wird.

 

Typische Inhalte von Betriebsvereinbarungen sind:

 

  • der Betriebsurlaub (Betriebsferien)
  • die betriebliche Altersversorgung
  • die Einführung von und die Anforderungen an Personalinformationssysteme
  • Kurzarbeit/Überstunden
  • die Lage der täglichen Arbeitszeit, Gleitzeit, Regeln zu Arbeitszeitkonten
  • Entlohnungsgrundsätze und Gehaltsgestaltung
  • Essenszuschüsse, Kantinenregelung, Werkseinkauf
  • Dienstwagenregelungen

Unser Tipp:

Die geltenden Betriebsvereinbarungen liegen beim Betriebsrat.

Sie liegen im Betrieb aus

 

Die bestehenden Betriebsvereinbarungen können Sie normalerweise problemlos beim Betriebsrat einsehen. Auf jeden Fall muss sie Ihr Arbeitgeber im Betrieb auslegen (bekanntmachen).


Wichtig!

Von bestehenden Regeln darf meist zu Ihren Gunsten abgewichen werden.

Das sog. Günstigkeitsprinzip

 

Ob die Regelungen Ihres Arbeitsvertrags, die aus einer Betriebsvereinbarung oder ob die eines einschlägigen Tarifvertrags für Sie gelten, richtet sich nach dem sog. Günstigkeitsprinzip. Die Gesetze, die für das Arbeitsverhältnis geltenden Tarifverträge (allerdings nur, wenn ihre Anwendung nicht lediglich im Arbeitsvertrag vereinbart ist) und/oder Betriebsvereinbarungen bilden die Grenzen für den Inhalt Ihres Arbeitsvertrages. Diese Grenzen dürfen nur zu Ihren Gunsten, aber nicht zu Ihren Ungunsten überschritten werden. Es gilt also jeweils die für Sie vorteilhafteste (günstigste) Regelung. Man spricht deshalb auch von „Rosinenpicken“ oder „Rosinentheorie“.

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Arbeitsverträge unterliegen der AGB-Kontrolle.

In Standardverträgen ist nicht alles erlaubt

 

Unternehmen schließen mit den meisten Beschäftigten Standardverträge ab, deren Inhalt sie selbst vorgeben. So vermeiden sie eine unterschiedliche Behandlung ihrer Mitarbeiter. Diese vorformulierten Arbeitsverträge sind Allgemeine Geschäftsbedingungen. Die darin enthaltenen einzelnen Regelungen unterliegen deshalb der sog. AGB-Kontrolle. Zweifel oder Unklarheiten bei einzelnen Formulierungen gehen immer zu Lasten des Verwenders des Formularvertrags, also des Arbeitgebers. Zudem sind beispielsweise Regelungen (Klauseln) unwirksam,

 

die überraschend sind

oder

den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligen.


Unser Tipp:

Oft ist es klüger zu unwirksamen Vertragsklauseln zu schweigen.

Verhandeln ist nicht immer gut

 

Wenn Sie bei der Durchsicht Ihres Arbeitsvertrags bei einzelnen Punkten Bedenken haben, können Sie zweierlei tun: Sie können den Vertrag dennoch unterschreiben oder Sie können über den Punkt verhandeln. Wenn Sie einfach nur unterschreiben und die betreffende Klausel ist unwirksam, kann Ihr Arbeitgeber sich später nicht auf diese Klausel berufen.

 

Verhandeln Sie über die Klausel und einigen sich auf eine andere Formulierung, wird die neue Klausel wahrscheinlich immer noch ungünstig für Sie sein. Allerdings ist sie dann individuell ausgehandelt und unterliegt deshalb nicht der AGB-Kontrolle. Daher wird sie fast immer wirksam sein. Dann hat Ihnen das Verhandeln über diesen Teil ihres Arbeitsvertrags nur geschadet.

 

Was am besten ist, weiß Ihr Anwalt für Arbeitsrecht

 

Bei Bedenken ist es deshalb meist besser, den Arbeitsvertrag von einem mit diesem Thema vertrauten Anwalt für Arbeitsrecht prüfen zu lassen und dann gemeinsam mit ihm zu entscheiden, ob eine Verhandlung über die problematische Klausel lohnt oder nicht.

 

Oft ist es allerdings am klügsten, den Vertrag einfach zu unterschreiben und sich erst auf die Unwirksamkeit der Klausel zu berufen, wenn es später zu einer Auseinandersetzung kommen sollte.

Rat in Hamm und Umgebung

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> Dr. Hubert Menken


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