Schützenstraße 10
59071 Hamm
Ein gutes Zeugnis kann die Eintrittskarte zum Vorstellungsgespräch sein
Ein Zeugnis ist für Arbeitnehmer oft die Eintrittskarte zum Vorstellungsgespräch. Die Arbeitsgerichte verlangen deshalb, dass es einem Arbeitnehmer seine künftigen Bewerbungen und sein berufliches Fortkommen nicht erschweren. Ein Arbeitszeugnis muss deshalb immer wohlwollend formuliert werden. Die darin gemachten Angaben müssen allerdings auch wahr sein, sonst kann sich der Aussteller gegenüber einem späteren Arbeitgeber schadensersatzpflichtig machen. Das verlangt von Arbeitgebern immer wieder einen „Spagat“. Um ihn und um späteren Streit um den Zeugnisinhalt zu vermeiden, bieten manche Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern an, ihr Zeugnis selbst zu schreiben.
Enthalten meist nur positiv klingende Formulierungen
Weil Arbeitszeugnisse wohlwollend formuliert werden müssen, verwenden Arbeitgeber darin oft gar keine negativen Formulierungen. Stattdessen umschreiben sie Schwächen oder Fehler des Mitarbeiters mit positiv klingenden Worten, wofür eine spezielle Zeugnissprache entstanden ist. Eingeweihte kennen sie und ordnen die „schönen Worte“ richtig ein. Arbeitnehmer sind indessen häufig unsicher, ob ihr Zeugnis wirklich so gut ist, wie es beim Lesen scheint. Sie wollen wissen, ob und ggf. was darin „zwischen den Zeilen“ steht. Das gilt besonders für alle sog. qualifizierten Zeugnisse. In ihnen werden auch die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers beurteilt. Diese Zwischen- und Endzeugnisse sowie Ausbildungszeugnisse führen deshalb in der Praxis immer wieder zu Differenzen.
Lassen Sie sich nie mit einem einfachen Zeugnis abspeisen.
Begnügen Sie sich nicht einem einfachen Zeugnis
Weniger Probleme bereitet dagegen der Inhalt der sog. einfachen Zeugnisse; denn sie enthalten keine Bewertung der Leistung und des Verhaltens. Zum Problem wird ein einfaches Zeugnis, wenn der Arbeitnehmer Anspruch auf ein qualifiziertes Arbeitszeugnis gehabt hätte, aber in einem Bewerbungsverfahren nur ein einfaches Zeugnis vorlegt.
Einfache Zeugnisse sind „kürzer“
In einfachen Zeugnissen werden nur Angaben zu den Personalien, zur Beschäftigungsdauer und zur ausgeübten Tätigkeit gemacht. Es ist deshalb nicht viel mehr als ein Tätigkeitsnachweis und enthält keine Bewertung und Beurteilung Ihrer Leistungen und Ihres Verhaltens. Deshalb gibt es (fast) nie Differenzen um den Inhalt von einfachen Zeugnissen. Sie werden normalerweise nur dann erteilt, wenn das Arbeitsverhältnis nur kurz (einige Wochen) und insbesondere nicht so lange bestanden hat, dass der Arbeitgeber die Leistungen und das Verhalten des Arbeitnehmers beurteilen oder bewerten kann.
Mit einem einfachen statt eines qualifizierten Zeugnisses werden Sie oft nicht einmal zum Vorstellungsgespräch eingeladen.
Erst nach ein paar Monaten Beschäftigung können Sie ein qualifiziertes Zeugnis verlangen
Hat Ihr Arbeitsverhältnis dagegen bereits einige Monate bestanden und kann Ihr Arbeitgeber Ihr Verhalten und Ihre Leistungen beurteilen, so haben Sie Anspruch auf ein qualifiziertes Zeugnis. Verlangen Sie keins und legen Sie in einem späteren Bewerbungsverfahren nur ein einfaches Zeugnis vor, so geht jeder erfahrene Leser sofort davon aus, dass es in diesem Arbeitsverhältnis erhebliche Probleme gegeben hat. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Naheliegend sind Interpretationen wie, Ihnen sei wegen schwerster Pflichtverletzungen, die Sie keinesfalls im Zeugnis erwähnt sehen wollen, gekündigt worden. Oder der Leser glaubt, Ihre Leistungen oder Ihr Verhalten waren so schlecht, dass Sie lieber einen ganz schlechten Eindruck wegen des Fehlens eines qualifizierten Zeugnisses in Kauf nehmen, als dass Ihre Leistungen und Ihr Verhalten im Zeugnis bewertet wird. Deshalb haben Sie nur geringe Chancen trotzdem zum Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.
Verlangen Sie möglichst immer ein qualifiziertes Zeugnis
Wenn eben möglich sollten Sie daher, ein qualifiziertes Zeugnis verlangen. Das gilt meist selbst dann, wenn Sie befürchten müssen, dass es schlecht wird. Verhandeln Sie dann lieber später über Änderungen oder klagen Sie vor dem Arbeitsgericht auf Zeugnisberichtigung. Auch danach ist Ihr Zeugnis vielleicht noch nicht gut. Das ist aber in der Regel immer noch besser, als bei späteren Bewerbungen nur ein einfaches Zeugnis vorlegen zu können. Ihre Chance zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen zu werden, ist selbst mit einem nicht guten qualifizierten Zeugnis größer, als wenn Sie nur ein einfaches Zeugnis vorweisen können. In einem Bewerbungsgespräch haben Sie aber zumindest die Chance, den Inhalt Ihres – nicht idealen – qualifizierten Zeugnisses zu erklären.
Vorsicht nach schweren Verfehlungen
Problematisch sind die Fälle, in denen die in einem qualifizierten Zeugnis anzusprechenden schweren Verfehlungen nicht zu erklären oder zu rechtfertigen sind. Wenn Sie befürchten müssen, dass so etwas in Ihrem qualifizierten Zeugnis stehen wird, sollten Sie zunächst um ein Zwischenzeugnis bitten. Wenn das Arbeitsverhältnis bereits ordentlich, aber nicht fristlos gekündigt ist, haben Sie Anspruch auf ein Zwischenzeugnis. Wenn Sie es in Händen halten, können Sie in Ruhe überlegen, ob Sie am Ende Ihres Arbeitsverhältnisses nicht ausnahmsweise doch nur ein einfaches Zeugnis verlangen. Was Sie dann am besten tun oder lassen sollten, sollten Sie gemeinsam mit einem erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht entscheiden.