Schützenstraße 10
59071 Hamm
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat die Regeln für eine Videoüberwachung bzw. deren Auswertung gelockert. Im konkreten Fall ging es um eine sogenannte „offene“ Videoüberwachung. Für die sogenannte „verdeckte“ Videoüberwachung von Arbeitnehmern, die nur eingeschränkt möglich ist, wird dieses Urteil aber wohl nicht gelten.
Zum Hintergrund:
In einem Tabak- und Zeitschriftengeschäft wurde der Geschäftsraum mit einer offen aufgehängten Videokamera überwacht. Der Geschäftsinhaber wollte sich so vor Diebstählen durch Kunden schützen. Als er bei einer Stichprobenkontrolle im August 2016 feststellte, dass Waren fehlten, wertete er die Videoaufzeichnung über mehrere Monate zurück aus. Dabei stellte er fest, dass eine Mitarbeiterin im Februar 2016 an einem Tag wiederholt Tabakwaren für insgesamt etwa 35,00 € verkauft, das Geld aber nicht in die dafür vorgesehene Kasse gelegt hatte.
Der Arbeitgeber kündigte daraufhin der Mitarbeiterin, die einen 450,00 € Minijob hatte, fristlos. Dagegen wehrte sie sich und machte geltend, ihr Arbeitgeber hätte die Videoaufzeichnung nicht so lange speichern und daher auch nicht mehr im August 2016 auswerten und gegen sie verwenden dürfen.
Beim Arbeitsgericht und in der Berufungsinstanz, vor dem Landesarbeitsgericht Hamm (LAG Hamm), hatte Sie Erfolg. Das LAG Hamm war der Meinung, der Arbeitgeber hätte seine Videoaufzeichnung nach so langer Zeit nicht mehr auswerten dürfen. Er hätte – so das LAG Hamm – die Aufzeichnungen unverzüglich, zumindest aber vor dem 01.08.2016, löschen müssen. Weil er dies nicht getan habe, bestünde ein sogenanntes Beweisverwertungsverbot.
Die Entscheidung des BAG:
Das sah das BAG jüngst anders. Es war der Meinung, die Speicherung der Videoaufzeichnung aus der rechtmäßigen offenen (das war dem BAG wichtig) Videoüberwachung sei aufgrund des Zeitablaufs unverhältnismäßig und damit im August 2016 nicht unzulässig gewesen. Ein Arbeitgeber dürfe – so die Erfurter Richter – Videoaufzeichnungen jedenfalls so lange speichern, wie er ein darin dokumentiertes Fehlverhalten des Arbeitnehmers arbeitsrechtlich ahnden könne. Deshalb durfte der Inhaber des Tabak- und Zeitschriftenladens die von ihm rechtmäßig aufgenommenen Bilder im August 2016 noch verwerten. Er brauchte – so das BAG weiter – die Bilder nicht sofort im Februar oder zeitnah auswerten, sondern konnte damit warten, bis es dafür einen Anlass gab.
BAG, Urt. v. 23.08.2018 – 2 AZR 133/18
Pressemitteilung Nr. 40/18