LAG Hamm: Ende des Arbeitsvertrags bei im Kündigungsschreiben versehentlich zu lang angegebener Kündigungsfrist

31. August 2021
LAG Hamm: Ende des Arbeitsvertrags bei im Kündigungsschreiben versehentlich zu lang angegebener Kündigungsfrist

Wenn ein Arbeitgeber in einem Kündigungsschreiben ausdrücklich ein Beendigungsdatum nennt, so endet das Arbeitsverhältnis auch dann zu diesem Zeitpunkt, wenn die Kündigungsfrist kürzer ist und der Arbeitgeber sich bei der Angabe des Datums geirrt hat.

 

 

Hintergrund:

 

In einem privaten Haushalt war der dort schon einige Jahre beschäftigten Haushaltshilfe fristlos und hilfsweise ordentlich gekündigt worden, und zwar mit folgenden Worten:

„Hiermit kündige ich das zwischen uns bestehende Arbeitsverhältnis außerordentlich und fristlos, hilfsweise fristgerecht zum nächstmöglichen Termin, das ist der 30.04.2020“.

Die Besonderheit bestand hier darin, dass der nächstmögliche Termin bereits der 15.03.2020 gewesen wäre. Die Beschäftigte klagte gegen die Kündigung und das Arbeitsgericht gab ihr für die fristlosen Kündigung Recht, weil es dafür an einem ausreichenden Grund fehlte. Hinsichtlich der ordentlichen Kündigung hielt das Arbeitsgericht den im Kündigungsschreiben ausdrücklich genannten Beendigungstag für maßgeblich.

Die Arbeitgeberin war dagegen der Ansicht, schon aufgrund der – wenn auch unwirksamen – fristlosen Kündigung und ihres von ihr durch deren Ausspruch deutlich gemachten Willens, das Arbeitsverhältnis möglichst schnell zu beenden, sei die Kündigung zum 15.03.2020 als tatsächlich nächstmöglichem Termin wirksam. Daher komme es – so die Arbeitgeberin weiter – auch nicht darauf an, dass im Kündigungsschreiben wegen der fehlenden Rechtskenntnisse der Arbeitgeberseite versehentlich der 30.04.2020 als Ende angegeben worden sei.

Die Arbeitgeberin hat deshalb Berufung gegen das Urteil des Arbeitsgerichts eingelegt, soweit das Arbeitsgericht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses (erst) zum 30.04.2020 festgestellt hatte.

 

 

Die Entscheidung des LAG Hamm:

 

Das LAG Hamm wies in seinem jetzt veröffentlichten Urteil zunächst darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des BAG die in § 622 Abs. 2 BGB geregelten verlängerten Kündigungsfristen in privaten Haushalten nicht gelten. Infolgedessen hätte die Kündigung mit einer Frist von vier Wochen und damit 15.03.2020 ausgesprochen werden können.

Weiter führt das LAG Hamm aus, auch wenn die hilfsweise ordentlich ausgesprochene Kündigung zum nächstmöglichen Termin hätte erfolgen sollen, sei zu berücksichtigen, dass im Kündigungsschreiben explizit der 30.04.2020 als Beendigungsdatum angegeben wurde. Von daher war das Kündigungsschreiben nach Auffassung des LAG Hamm dahin auszulegen, dass die vorsorgliche ordentliche Kündigung das Arbeitsverhältnis erst zu dem im Schreiben ausdrücklich genannten Datum beenden konnte und beendet hat.

Seine Auslegung des Kündigungsschreibens beruhte – so das LAG Hamm – auf dem Bestimmtheitsgebot und damit letztlich auf der Überlegung, dass es nicht die Aufgabe des gekündigten Arbeitnehmers ist, sich darüber Gedanken zu machen, zu welchem anderen (früheren) als im Kündigungsschreiben angegebenen Termin sein Arbeitgeber kündigen will.

 

 

Bedeutung:

 

Gibt ein Arbeitgeber in einem Kündigungsschreiben ein Beendigungsdatum an, so endet das Arbeitsverhältnis frühestens mit diesem Datum. Damit geht die Bedeutung dieses Urteils des LAG Hamm weit über den hier entschiedenen Einzelfall hinaus. Denn häufig werden ordentliche Kündigungen von Arbeitgebern „zum nächstmöglichen Termin“ ausgesprochen und ihr Schreiben enthält dann oft auch noch den Zusatz:

 

 

„Das ist nach unserer Meinung der …“.

 

 

Wer eine Kündigung mit einer solchen Formulierung erhält, darf nach dem Urteil des LAG Hamm davon ausgehen, dass sein Arbeitsverhältnis jedenfalls nicht vor dem im Kündigungsschreiben ausdrücklich angegebenen Datum endet.

Arbeitgeber verfolgen mit einer solchen Formulierung beim Ausspruch von ordentlichen Kündigungen allerdings eigentlich einen anderen Zweck. Durch den Zusatz „zum nächstmöglichen Termin“ wollen sie nämlich erreichen, dass die Kündigung als ordentliche Kündigung auch wirksam ist und das Arbeitsverhältnis beendet, wenn sie (versehentlich) ein zu kurzes Beendigungsdatum gewählt haben, wenn sie sich also bei der Kündigungsfrist „verrechnet“ oder geirrt haben.

LAG Hamm, Urt. v. 16.06.2021 – 10 Sa 122/21

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