BAG: Aufhebungsvertrag auch ohne Bedenkzeit wirksam

4. April 2022
BAG: Aufhebungsvertrag auch ohne Bedenkzeit wirksam

Unterschreibt ein Arbeitnehmer einen Aufhebungsvertrag, der ihm (nur) zur sofortigen Annahme vorgelegt wurde, so macht dies allein den Vertrag nicht unwirksam. Nach Meinung des BAG wird dadurch das Gebot fairen Verhandelns nicht verletzt, auch wenn dies zu Folge hat, dass der betroffene Arbeitnehmer weder Bedenkzeit noch die Möglichkeit hat, sich rechtlich beraten zu lassen.

 

 

Hintergrund:

 

Eine als Teamkoordinatorin Verkauf im Bereich Haustechnik arbeitende Mitarbeiterin wurde zu einem Gespräch gebeten, ohne dass sie wusste, worum es gehen sollte. Das Gespräch fand im Büro des Geschäftsführers der Arbeitgeberin und wurde von diesem und deren Rechtsanwalt geführt. Ihr wurde vorgeworfen, wiederholt eigenmächtig Einkaufspreise in der EDV abgeändert (reduziert) zu haben, um einen höheren Gewinn vorzuspiegeln.

Die Betroffene wurde dann vor die Wahl gestellt, entweder sofort eine fristlose Kündigung zu bekommen oder einen (bereits vorbereiteten) Aufhebungsvertrag mit einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Monatsende zu unterschreiben. Sie bat darum, sich erst beraten lassen zu dürfen, was der Arbeitgeber ablehnte. Sie durfte allerdings in einer Pause 10 Minuten überlegen und hat dann unterschrieben.

Ihr danach eingeschalteter Anwalt hat den Aufhebungsvertrag für sie wegen widerrechtlicher Drohung (mit der fristlosen Kündigung) angefochten und geltend gemacht, der Vertrag sei auch deshalb unwirksam, weil ihr keine längere Bedenkzeit eingeräumt und ihr nicht die Möglichkeit gegeben wurde, sich rechtlich beraten zu lassen.

Damit war die Arbeitgeberin nicht einverstanden, weshalb die Betroffene klagte. Vor dem Arbeitsgericht hatte sie noch Erfolg, das LAG Hamm folgte allerdings der Argumentation der Arbeitgeberseite und stellte fest, dass der Aufhebungsvertrag wirksam war. Das hat das BAG jetzt bestätigt.

 

 

Die Entscheidung des BAG:

 

Bei der Frage der Wirksamkeit der Anfechtung des Aufhebungsvertrags folgten die Erfurter Richter ihrer bisherigen Rechtsprechung, wonach die Drohung mit einer fristlosen Kündigung nicht widerrechtlich ist, wenn sie auch ein „verständiger“ Arbeitgeber ernsthaft in Erwägung gezogen hätte. Das hätte er – so die Richter – angesichts des Verhaltens der Arbeitnehmerin tun dürfen, sodass die Anfechtung nicht wirksam war.

 

Keinen Erfolg hatte die Betroffene auch mit ihrem Vorwurf, ihr Arbeitgeber habe gegen den „Gebot fairen Verhandelns“ verstoßen. „Unfair“ sind Verhandlungen nach Meinung der Arbeitsgerichte, in denen der Arbeitgeber einen derartigen psychische Druck ausübt, dass eine freie und überlegte Entscheidung erschwert oder verhindert wird. Hier sei die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen aber – so das BAG – nicht dadurch verletzt worden, dass ihr der Aufhebungsvertrag nur zur sofortigen Annahme vorgelegt worden sei, sodass sie sich sofort entscheiden musste. Dazu verwies das BAG auf § 147 Absatz 1 Satz 1 BGB, der vorsieht, dass ein einem Anwesenden gemachtes Vertragsangebot von diesem nur sofort angenommen werden kann. Auch deshalb war der Arbeitgeber hier nach Meinung des BAG nicht verpflichtet, der Betroffenen eine Bedenkzeit zu geben, gleiches gelte deshalb – so das BAG weiter – auch für ihren Wunsch, ihr die Möglichkeit zu einer anwaltlichen Beratung zu geben.

 

 

Bedeutung:

 

Das jüngste Urteil des BAG unterstreicht nur erneut, wie gefährlich es ist, einen Aufhebungsvertrag zu schließen. Dabei spielte im vorliegenden Fall das häufig größte Problem von betroffenen Arbeitnehmern noch nicht einmal eine Rolle. Es kommt nämlich immer wieder vor, dass Arbeitnehmer meist den tatsächlichen Inhalt und Verlauf eines solchen „Personalgesprächs“ nicht beweisen können, weil Arbeitgeber solche Gespräche so gut wie nie allein führen und ihre Vertrauten später als Zeugen zur Verfügung stehen, während der betroffene Arbeitnehmer „allein“ ist.

 

BAG, Urt. v. 24.02.2022 – 6 AZR 333/21

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