BAG: Kein Anspruch auf den Mindestlohn bei Absolvierung eines Pflichtpraktikums vor der Aufnahme eines Studiums

1. Februar 2022
BAG: Kein Anspruch auf den Mindestlohn bei Absolvierung eines Pflichtpraktikums vor der Aufnahme eines Studiums

Praktikanten, die als Zugangsvoraussetzung für ihr Studium ein Pflichtpraktikum absolvieren müssen, haben keinen Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn.

 

 

Hintergrund:

Eine Praktikantin absolvierte ein Praktikum auf einer Krankenpflegestation, weil dies die Voraussetzung für ihre Bewerbung als Medizinstudentin war. Die Studienordnung der privaten Universität verlangte nämlich vor der Aufnahme des Studiums die Absolvierung eines 6-monatigen Krankenpflegedienstes.

 

Die Klägerin leistete im vom BAG entschiedenen Fall ihr Praktikum auf der Krankenpflegestation einer Klinik in Rheinland-Pfalz. Eine Bezahlung erhielt sie während des Praktikums nicht.

 

Nach dem Praktikum machte sie geltend, das Mindestlohngesetz lasse Praktika ohne Zahlung einer Vergütung nur für längstens 3 Monate zu. Bei ihrem Praktikum hätte es sich nämlich nicht um ein Pflichtpraktikum im Sinne dieses Gesetzes gehandelt.

 

Schließlich habe die Klinik auch von ihrer Arbeit profitiert. Bspw. habe sie als Praktikantin die hauptberufliche Stationshilfe für ungefähr einen Monat vertreten.

 

Nachdem schon das LAG die Klage abgewiesen hatte, ist jetzt auch die Revision der Klägerin vor dem BAG erfolglos geblieben.

 

 

Die Entscheidung des BAG:

Die Erfurter Richter waren der Auffassung, auch wenn das Mindestlohngesetz nur 3-monatige Praktika ohne Bezahlung zulasse, so habe die Klägerin dennoch keinen Anspruch auf die von ihr geltend gemachten Vergütung von rd. 10.000,00 €, denn das Mindestlohngesetz sei gar nicht anwendbar.

 

Das BAG hat mit § 22 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Mindestlohngesetz argumentiert und die Auffassung vertreten, die dort geregelte Ausnahme von der Anwendung dieses Gesetzes gelte nicht nur für obligatorische Praktika während des Studiums, sondern nach dem deutlich in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers auch für solche Praktika, die in Studienordnungen als Voraussetzung für die Aufnahme eines bestimmten Studiums vorgeschrieben sind.

 

Nach Auffassung der Richter kam es nicht darauf an, dass das Pflichtpraktikum in der Studienordnung einer privaten Universität vorgeschrieben war, weil die Universität staatlich anerkannt gewesen ist. Die Zugangsvoraussetzungen solcher Universitäten stünden im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleich, sodass ausgeschlossen sei, dass durch das in einer solchen Studienordnung verlangte Praktika der grundsätzlich bestehende Anspruch Betroffener auf die Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns auch für Praktikanten umgangen würde.

 

BAG, Urt. v. 19.01.2022 – 5 AZR 217/21

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